lvz_11.2008 - Mario Hein architekursalon
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Leipziger Volkszeitung vom 24.11.2008

Plagwitzer entwerfen Schach-City

Architekturbüro Die Kollegen gestaltet Hochhaus-Stadt für steinreiche Scheichs

Die Geschichte klingt abenteuerlich Wie ein orientalisches Märchen. Doch viele traumhaft schöne Beweise, dass Leipziger Architekten eine gewaltige Schach-Stadt für Dubai entworfen haben, befinden sich in Plagwitz. Gleich rechts hinter der Einfahrt zur alten Baumwollspinnerei, wo das Architekturbüro Die Kollegen arbeitet.

Begonnen hat alles vor fünf Jahren. Damals erfuhren Katja Czogalla, Mario Hein, Andreas Hämmerling, Klaus Kasper und einige weitere Kollegen von den Plänen für ein neues Baufeld in Dubai-Stadt. Es sollte ebenbürtig zu den drei spektakulären „Palmen“-Inseln im persischen Golf ausfallen, die abertausende Touristen anziehen. Darüber hinaus ein Zentrum für Schach-Freunde aus aller Welt werden. „Wir waren sofort von der Idee begeistert“, berichtet Hein. „Wir flogen hin und fanden tatsächlich Kontakt zu den Investoren.“

Wie sich herausstellte, gehörten zu den Investoren die Bau-Gruppe Armada aus Dubai sowie der Schachliebhaber und Scheich Sulaiman Al-Fahim. Er ist Vertreter des steinreichen Königshauses von Abu Dhabi und seit Kurzem auch den meisten Fußball-Fans ein Begriff. Denn vor zwei Monaten hat Al-Fahim den englischen Klub Manchester City gekauft, will ihn nun mit Millionen-Transfers zu Europas wichtigster Fußballmannschaft ausbauen.

Für die Schach-Stadt in Dubai wurden 2,6 Milliarden US-Dollar veranschlagt: als Mindestbetrag. Das kündigte der ebenfalls gut betuchte Russe Krisen Ilumjinov (er ist der Präsident des Welt-Schach-Verbandes und der russischen Teilrepublik Kalmückien) gemeinsam mit Scheich Al-Fahim vor vier Jahren an. Genau wie bei dem Brettspiel sollten auf 64 Feldern 32 Gebäude entstehen, die wie Schachfiguren wirken. Jeweils zur Hälfte in Schwarz und Weiß. „Dubai wird zum wichtigsten Treffpunkt für die 50 Millionen aktiven Schachspieler weltweit“, prophezeite Ilumjinov. Ein Teil der Gebäude sei als Drei- bis Sieben-Sterne-Hotels vorgesehen. Es werde Wettkampfstätten in allen Kategorien geben, riesige interaktive Bildschirme, Museen, Büros, Wohnungen und Geschäfte, pflichtete Al-Fahim bei: „Unser Projekt unterstreicht vorzüglich den hohen Stand der Architektur in Dubai.“

Es grenzt schon an ein Wunder, das die Leipziger ihre Ideen für die „Chess City“ überhaupt vor Ort präsentieren durften. „Als das plötzlich erfolgreich lief, haben wir extra ein halbes Jahr arabisch gelernt“, erzählt Czogalla. „Alle Texte zu unseren Entwürfen wurden in arabisch, Englisch und Deutsch abgefasst.“ Das kleine Büro aus der Baumwollspinnerei gab sich nun mit teuren Stararchitekten die Klinke in die Hand. Und es musste einige Probleme lösen, die für hiesige Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich sind.

So ging es um die städtebauliche Funktion des etwa einen Quadratkilometer großen Areals aus Wüstensand. weil es von einer Hügelkette umgeben ist, war es schwierig, die Zufahrtsstraßen richtig anzuordnen. Nämlich so, dass der neue Stadtteil lebenswert ist und nicht als Durchgangsstraße genutzt wird. Die 64 Felder im Inneren – mit einer Kantenlänge von jeweils 105 Metern – wurden gemäß den Themen Wasser, Grün, Sand und Lict/Schatten gestaltet. Letzteres zum Beispiel geschieht durch verschieden große Sonnensegel, die die Plätze fürVeranstaltungen oder Märkte überspannen.

„Die Spielfelder liegen auf unterschiedlichen Höhen-Niveaus“, erläutert Hein. „Die Gebäude sind durchweg als Hochhäuser konzipiert. Der Bauer als kleinster Stein misst immerhin 130 Meter.“ Die Kollegen wollten ein ebenso spannendes wie harmonisches Bild schaffen. Gelungen ist das mit einer „Spielsituation“, die sie einer Partie aus der U20-Weltmeisterschaft von 1997 abschauten. In der Begegnung Ponomarjow gegen Movsesjan waren nach dem 16. Zug noch alle Steine auf dem Feld. Keine Seite hatte einen entscheidenen Vorteil errungen. Und besonders wichtig: Die vier Türme – als ideale Orientierungspunkte für die Arealbegrenzung – standen noch in den Ecken.

„In dieser Spielsituation bilden die Grünachse der Könige und die Wasserachse der Damen das Zentrum von Schach-City, wo Ruhe und Erholung neben Aktivität und Kommunikation liegen.“ So heißt es in einem In-A2_Buch, in dem die Leipziger Architekten ihre Figuren als Aquarelle gezeichnet haben. Das Buch, gebunden in weißem Kalbsleder und mit Goldschrift geprägt, reichten sie bei einem Wettbewerb der Investoren ein. „Für die Verhältnisse in den Vereinigten Arabischen Emiraten war dieses Buch noch betont schlicht“, sagt Czogalla. „Damit haben wir den kleinen Wettbewerb gewonnen. Und durften sogar mit Scheich Sulaiman Al-Fahim eine Partie Schach spielen.“

Dies geschah auf einem in Leipzig gebautem Modell, dessen Anblick ein ästhetischer Genuss für sich ist. Das Brett hat eine Kantenlänge von 1,40 Meter. Darauf stehen die von den architekten entworfenen Figur, die aus polymergips gegossen und bemalt wurden. Der stattliche König mit goldener Robe über einem stilisierten Kettenhemd könnte ein Hotel mit Luxusresidenzen in der Krone werden. Die schlanke Dame erhält hohe Bogengänge als Eingangsportale und eine Schachetage in der Mitte des Turmes. Unverwechselbar ist das Pferd, bei dem die Mähne zu Penthouse-Ebenen werden soll. Hingegen erinnert der Läufer (oder Bischof) mit seiner Zigarrenform an die berühmten Bauten von Jean Nouvel in Barcelona oder Norman Foster in London. Sie wurden 2004 eröffnet, während Die Kollegen bereits an ihrem Megaprojekt arbeiteten. Gesponsert übrigens durch den Geschäftsmann Volker Fiedler.

Ob das Leben in einer märchenhaften Schach-City jemals Realität wird, können die Plagwitzer Architekten zurzeit nicht sagen. Im Zehn-Jahrs-Bauplan für Dubai ist das Projekt enthalten, allerdings war es auf Investorseite zuletzt recht still. Gleichwie die Sache ausgeht: Die Kollegen sind stolz auf ihren Ausflug in den Orient. Denn sie konnten dort Hand in Hand mit so bedeutenden Planungsbüros wie Gerkan Marg und Partner aus Hamburg oder Albert Speer aus Frankfurt/Main arbeiten. „Außerdem glaube ich fest daran, dass früher oder später wenigstens einer unserer Türme gebaut wird“, sagt Hein. „Die Formen sind faszinierend und es gibt schon etliche Anfragen, sogar eine aus Kasachstan.“

(Text: Jens Rometsch)

Leipziger Volkszeitung vom 24.11.2008

Plagwitzer entwerfen Schach-City

Architekturbüro Die Kollegen gestaltet Hochhaus-Stadt für steinreiche Scheichs

Die Geschichte klingt abenteuerlich Wie ein orientalisches Märchen. Doch viele traumhaft schöne Beweise, dass Leipziger Architekten eine gewaltige Schach-Stadt für Dubai entworfen haben, befinden sich in Plagwitz. Gleich rechts hinter der Einfahrt zur alten Baumwollspinnerei, wo das Architekturbüro Die Kollegen arbeitet.

Begonnen hat alles vor fünf Jahren. Damals erfuhren Katja Czogalla, Mario Hein, Andreas Hämmerling, Klaus Kasper und einige weitere Kollegen von den Plänen für ein neues Baufeld in Dubai-Stadt. Es sollte ebenbürtig zu den drei spektakulären „Palmen“-Inseln im persischen Golf ausfallen, die abertausende Touristen anziehen. Darüber hinaus ein Zentrum für Schach-Freunde aus aller Welt werden. „Wir waren sofort von der Idee begeistert“, berichtet Hein. „Wir flogen hin und fanden tatsächlich Kontakt zu den Investoren.“

Wie sich herausstellte, gehörten zu den Investoren die Bau-Gruppe Armada aus Dubai sowie der Schachliebhaber und Scheich Sulaiman Al-Fahim. Er ist Vertreter des steinreichen Königshauses von Abu Dhabi und seit Kurzem auch den meisten Fußball-Fans ein Begriff. Denn vor zwei Monaten hat Al-Fahim den englischen Klub Manchester City gekauft, will ihn nun mit Millionen-Transfers zu Europas wichtigster Fußballmannschaft ausbauen.

Für die Schach-Stadt in Dubai wurden 2,6 Milliarden US-Dollar veranschlagt: als Mindestbetrag. Das kündigte der ebenfalls gut betuchte Russe Krisen Ilumjinov (er ist der Präsident des Welt-Schach-Verbandes und der russischen Teilrepublik Kalmückien) gemeinsam mit Scheich Al-Fahim vor vier Jahren an. Genau wie bei dem Brettspiel sollten auf 64 Feldern 32 Gebäude entstehen, die wie Schachfiguren wirken. Jeweils zur Hälfte in Schwarz und Weiß. „Dubai wird zum wichtigsten Treffpunkt für die 50 Millionen aktiven Schachspieler weltweit“, prophezeite Ilumjinov. Ein Teil der Gebäude sei als Drei- bis Sieben-Sterne-Hotels vorgesehen. Es werde Wettkampfstätten in allen Kategorien geben, riesige interaktive Bildschirme, Museen, Büros, Wohnungen und Geschäfte, pflichtete Al-Fahim bei: „Unser Projekt unterstreicht vorzüglich den hohen Stand der Architektur in Dubai.“

Es grenzt schon an ein Wunder, das die Leipziger ihre Ideen für die „Chess City“ überhaupt vor Ort präsentieren durften. „Als das plötzlich erfolgreich lief, haben wir extra ein halbes Jahr arabisch gelernt“, erzählt Czogalla. „Alle Texte zu unseren Entwürfen wurden in arabisch, Englisch und Deutsch abgefasst.“ Das kleine Büro aus der Baumwollspinnerei gab sich nun mit teuren Stararchitekten die Klinke in die Hand. Und es musste einige Probleme lösen, die für hiesige Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich sind.

So ging es um die städtebauliche Funktion des etwa einen Quadratkilometer großen Areals aus Wüstensand. weil es von einer Hügelkette umgeben ist, war es schwierig, die Zufahrtsstraßen richtig anzuordnen. Nämlich so, dass der neue Stadtteil lebenswert ist und nicht als Durchgangsstraße genutzt wird. Die 64 Felder im Inneren – mit einer Kantenlänge von jeweils 105 Metern – wurden gemäß den Themen Wasser, Grün, Sand und Lict/Schatten gestaltet. Letzteres zum Beispiel geschieht durch verschieden große Sonnensegel, die die Plätze fürVeranstaltungen oder Märkte überspannen.

„Die Spielfelder liegen auf unterschiedlichen Höhen-Niveaus“, erläutert Hein. „Die Gebäude sind durchweg als Hochhäuser konzipiert. Der Bauer als kleinster Stein misst immerhin 130 Meter.“ Die Kollegen wollten ein ebenso spannendes wie harmonisches Bild schaffen. Gelungen ist das mit einer „Spielsituation“, die sie einer Partie aus der U20-Weltmeisterschaft von 1997 abschauten. In der Begegnung Ponomarjow gegen Movsesjan waren nach dem 16. Zug noch alle Steine auf dem Feld. Keine Seite hatte einen entscheidenen Vorteil errungen. Und besonders wichtig: Die vier Türme – als ideale Orientierungspunkte für die Arealbegrenzung – standen noch in den Ecken.

„In dieser Spielsituation bilden die Grünachse der Könige und die Wasserachse der Damen das Zentrum von Schach-City, wo Ruhe und Erholung neben Aktivität und Kommunikation liegen.“ So heißt es in einem In-A2_Buch, in dem die Leipziger Architekten ihre Figuren als Aquarelle gezeichnet haben. Das Buch, gebunden in weißem Kalbsleder und mit Goldschrift geprägt, reichten sie bei einem Wettbewerb der Investoren ein. „Für die Verhältnisse in den Vereinigten Arabischen Emiraten war dieses Buch noch betont schlicht“, sagt Czogalla. „Damit haben wir den kleinen Wettbewerb gewonnen. Und durften sogar mit Scheich Sulaiman Al-Fahim eine Partie Schach spielen.“

Dies geschah auf einem in Leipzig gebautem Modell, dessen Anblick ein ästhetischer Genuss für sich ist. Das Brett hat eine Kantenlänge von 1,40 Meter. Darauf stehen die von den architekten entworfenen Figur, die aus polymergips gegossen und bemalt wurden. Der stattliche König mit goldener Robe über einem stilisierten Kettenhemd könnte ein Hotel mit Luxusresidenzen in der Krone werden. Die schlanke Dame erhält hohe Bogengänge als Eingangsportale und eine Schachetage in der Mitte des Turmes. Unverwechselbar ist das Pferd, bei dem die Mähne zu Penthouse-Ebenen werden soll. Hingegen erinnert der Läufer (oder Bischof) mit seiner Zigarrenform an die berühmten Bauten von Jean Nouvel in Barcelona oder Norman Foster in London. Sie wurden 2004 eröffnet, während Die Kollegen bereits an ihrem Megaprojekt arbeiteten. Gesponsert übrigens durch den Geschäftsmann Volker Fiedler.

Ob das Leben in einer märchenhaften Schach-City jemals Realität wird, können die Plagwitzer Architekten zurzeit nicht sagen. Im Zehn-Jahrs-Bauplan für Dubai ist das Projekt enthalten, allerdings war es auf Investorseite zuletzt recht still. Gleichwie die Sache ausgeht: Die Kollegen sind stolz auf ihren Ausflug in den Orient. Denn sie konnten dort Hand in Hand mit so bedeutenden Planungsbüros wie Gerkan Marg und Partner aus Hamburg oder Albert Speer aus Frankfurt/Main arbeiten. „Außerdem glaube ich fest daran, dass früher oder später wenigstens einer unserer Türme gebaut wird“, sagt Hein. „Die Formen sind faszinierend und es gibt schon etliche Anfragen, sogar eine aus Kasachstan.“

(Text: Jens Rometsch)